Urlaubszeit ist Fahrradzeit. In diesem Jahr verbringen meine Partnerin und ich die erste Urlaubswoche mit Freunden und Familie in der Pfalz. Damit jeder mit einem Rad versorgt ist, habe ich zwei meiner Falträder mitgenommen: das kleine Brompton und das dynamische Tern Eclipse P20.
Als meine Partnerin grinsend auf dem Eclipse P20 sitzt und bei einer Fahrt durch den Wald an mir vorbeizieht, kommt in mir die Frage auf, ob es denn eigentlich DAS (optimale, richtige) Faltrad gibt?
Ist es das Tern Verge S20h? Ist das Tern Eclipse P20 das beste? Oder vielleicht doch das Brompton? Zeit für einen kleinen Vergleich.
Einige würden die Frage nach dem optimalen Faltrad sicherlich schnell beantworten können und sagen, das Brompton sei das Maß aller Dinge. So einfach geht das bei mir nicht. Das Brompton ist toll, keine Frage. Das Faltmaß beeindruckend klein, die Fahrstabilität trotz der 16 Zoll kleinen Räder sehr hoch, die Mobilität dadurch ungeschlagen. Sobald ich auf dem Weg in eine andere Stadt bin, habe ich es im Zug bei mir. Nichts ist entspannter, als eine Stadt mit meinem orangenfarbenen Falter zu erkunden. Betrete ich unbekanntes Camping-Terrain, ist das Brompton bei mir. Dann wird die nähere Umgebung fix erkundet und der tägliche Einkauf erledigt.

Nähere Umgebung war gerade ein gutes Stichwort. Mit dem Brompton kann man durchaus Touren fahren. Das Radelmädchen hat es beispielsweise gezeigt, als sie im Jahre 2017 mit dem Brompton von Koblenz an den Bodensee zur Eurobike geradelt ist. Auch Patrick von Boxbike beradelt mit den kleinen Rädern die halbe Welt. Und ich? Ich nicht. Die sechs Gänge des Brompton sind für mich ausreichend, um in der Ebene oder im leicht hügeligen Gebiet vorwärts zu kommen. Die Übersetzung (Standard bei der 6-Gang-Variante sind 2,63m bis 7,94m pro Kurbelumdrehung) kann durch Wechsel des Kettenblatts verändert werden. Hier muss ich mich allerdings entscheiden, ob ich es im bergigen Gebiet leichter haben möchte und dadurch auf Endgeschwindigkeit verzichte oder umgekehrt. Zudem sind die kleinen Räder beispielsweise auf Waldwegen ein klein wenig ungemütlich. Die Standardreifen des Brompton werden auf etwas über 6 bar aufgeblasen und sind dementsprechend hart. So geht es im Wald dann etwas holprig zu. Gepäck ist hingegen überhaupt kein Problem. Zwischenzeitlich gibt es unzählige Lösungen für das Brompton. Ich selbst besitze die leuchtend blaue C-Bag und bin beeindruckt, mit welcher Detailverliebtheit die Kollegen von Brompton zu Werke gehen. Jeder noch so kleine Platz wird an der Tasche ausgenutzt. Der Tragegurt kann bequem verstaut werden, sodass während der Fahrt nichts baumelt. Zudem ist die Position der Tasche am Vorbau gewichtstechnisch sehr praktisch. Einige Male habe ich auf Kurztripps die Tasche als Tragetasche für mein gesamtes Reisegepäck hergenommen und weiß somit, dass die Tasche für einige Tage ausreichend dimensioniert ist. Weiteres Gepäck könnte an der Sattelstange befestigt werden, sodass ausreichend Stauraum für mehrtägige Touren entsteht. Mein orangenes Faltrad kommt ohne Gepäckträger daher, wer möchte, kann sein Brompton aber auch damit ausstatten. Es gibt mindestens eine mir bekannte Tasche, die sich gut auf dem Träger befestigen lässt.
Seit einiger Zeit bemühe ich mich um einen minimalistischeren Lebensstil (siehe Tiny House). Im Zuge dessen habe ich mir überlegt, mich von einem meiner drei Falträder zu trennen. Das Brompton hat in Sachen Mobilität und Flexibilität so viele Vorteile, dass es auf jeden Fall im Fuhrpark bleibt. Kann das Tern Verge S27h weg? Die Frage beantwortete sich von selbst, als ich mal wieder auf das Rad stieg. Ich wusste sofort, warum ich es einst gekauft habe. Das Verge ist für mich das ideale Touren-Faltrad.
Ja, es ist im Packmaß deutlich größer als das Brompton. Allerdings kann ich dank Gepäckträger an Front und Heck Standard-Gepäckträgertaschen verwenden und habe stets genügend Stauraum. Der größte Vorteil besteht für mich jedoch im Fahrkomfort. Das Rad an sich hat keine Federung - braucht es aber auch nicht, da die 20 Zoll großen Ballonreifen von Schwalbe ausreichend federn. Zusätzlich habe ich nach dem Besuch der Eurobike im Jahr 2016 die gefederten Holzgriffe von Velospring verbaut. Diese Griffe sind eine absolute Wohltat für die Hände und bieten vorne mehr als ausreichenden Federungskomfort. Ein weiterer großer Vorteil des Tern ist seine Übersetzung mit 27 Gängen. Dadurch steht eine ausreichende Entfaltung von 1,6 bis 9,2 Meter pro Kurbelumdrehung zur Verfügung. Das Rad ist sowohl für steile Anstiege als auch rasante Abfahrten ausgelegt. Die mechanischen Scheibenbremsen bringen das Rad selbst beladen sicher zum Stehen. Die Mechanik in den Bremsen bietet im Vergleich zu hydraulischen Bremsen den Vorteil, dass bei einem Defekt der Bremszug schnell und einfach gewechselt werden kann. Das Verge ist also mein klarer Reise-Favorit.
Und das Eclipse P20 von Tern mit seinen großen 26 Zoll Rädern? Brauche ich das wirklich?! Brauchen? Definitiv nein. Es ist mehr das "haben wollen". Und auch das tut gut. Ich möchte es nämlich nicht mehr missen. Dieser Sommer ist predestiniert dafür, mit dem Flitzer auf die Arbeit zu radeln. Und das genieße ich jeden Morgen und jeden Nachmittag (#mdrza). Das Rad ist durchweg sportlich ausgelegt und giert nach Geschwindigkeit. Dadurch komme ich zwar regelmäßig verschwitzt auf der Arbeit an und jeden Abend verschwitzt nach Hause. Dafür habe ich stets ein Grinsen im Gesicht und der Spaß ist es mir allemal wert.
In diesem Jahr habe ich lediglich eine kleine Radtour gemacht (siehe Radtour am Mauerweg mit dem Brompton), dennoch bin ich wohl in keinem Jahr so viel Rad gefahren wie in diesem Jahr. Die Falträder und ich wachsen zu einer Einheit zusammen und wir meistern gemeinsam den Alltag. Und genau darum geht es mir: jedes Rad hat seine Stärken (und auch Schwächen). Für jedes Rad gibt es die passenden Situationen. Sie wollen nur gefunden werden und so bin und bleibe ich der Überzeugung, dass man zwar mit einem Rad glücklich sein kann, aber auch mit mehreren. Nahezu jeder, der Fahrrad im Blut hat (Speichen wollte ich nicht schreiben, da steigt meine Vorstellung aus...), kann das wohl nachempfinden. Für jeden Zweck das geeignete Rad zu haben, steigert mein Wohlbefinden und sorgt regelmäßig für ein Grinsen im Gesicht:
- ob beim Erkunden der Stadt oder auf kleinen Touren mit dem Brompton,
- ob auf längeren Touren mit dem Verge S27h oder
- bei flotten Fahrten mit dem Eclipse.
Egal wie, egal womit: Fahrrad fahren befreit den Kopf - und die Städte von Autos. Und so ist mein Fazit, dass ich mit meiner "Faltrad-Flotte" die idealen Wegbegleiter für Alltag und Freizeit habe.