Bedingt durch mein wunderschönes Umfeld, begann ich mich mit den geschlechterspezifischen Unterschieden in Sachen Beziehung zu befassen. Für mich eines der spannendsten Themen überhaupt, denn nichts gibt mir mehr als die (emotionale) Interaktion mit Menschen. So stelle ich mir tatsächlich die Frage, was dazu führt, dass sich Beziehungen zu Frauen bisweilen schwierig gestalten, weil sich Männer emotional distanziert verhalten, damit sie ihr Bild von Unabhängigkeit und damit vom starken Geschlecht nicht verlieren. Ich selbst habe als Kind die Erfahrung machen dürfen, dass man über mich lacht. Warum? Ganz einfach: weil ich mich in einem Gefüge namens Familie zurecht gefunden habe, weil ich mich unterordnen konnte und damit kein Alphatier war. Weil ich mich in Gruppen wohlgefühlt habe und durchaus gern dafür gesorgt habe, dass es den Mitgrüpplingen gut geht. Das führte bei einigen Familienmitgliedern zur Äußerung, ich sei weich. Damals habe ich nicht verstanden, was passiert. Noch weniger habe ich verstanden, was solche Äußerungen im späteren Verlauf mit einem machen - Selbstzweifel. Durch verschiedene berufliche wie private Stationen in meinem Leben, durch viele Gespräche und letztlich durch das sonderbare Gefährt namens Faltrad und die damit durchgeführten Radtour habe ich gelernt, mich zu akzeptieren und bin mittlerweile gegen derartige Kommentare immun. Doch was heißt es, weich zu sein? Bin ich weich, nur weil ich Gefühle zulasse? Bin ich weich, weil auch ich als Mann emotional sein kann? Weil ich Nähe und Zuwendung brauche, wie jedes andere Wesen auch? Was macht mich zu einem Mann? Ist es die sachgemäße Führung des Hammers? Die Fähigkeit, eine Wand zu tapezieren? Macht es mich zu einem Mann, wenn ich mit Ellenbogen meine Interessen durchsetze? Ich kann für mich keine der genannten Fragen mit gutem Gefühl beantworten, denn es verfestigen sich sofort Gedanken der Ellenbogen-Mentalität in der Gesellschaft. Abgesehen davon stehe ich mit geschlechterspezifischen Klischees voll und ganz auf Kriegsfuß. Eine Frau gehört nicht an den Herd und ein Mann muss nicht den Helden spielen. Ganz ehrlich: Gibt es nicht für jeden von uns einen Heimathafen, in dem wir uns wohl fühlen? Wenn ich abends nach Hause komme, dann freue ich mich auf einen Menschen, dem ich vertraue. Einen Menschen, dem ich vorbehaltslos alles erzählen kann, weil er mich akzeptiert und nicht vorverurteilt. Einen Menschen, der mir zuhört, mich ernst nimmt und - oh Wunder - mir sogar Emotionen entgegen bringt. Bin ich deswegen weniger Mann, weil ich genau darauf stehe? Wenn ich mich in der Arbeitswelt umschaue, dann gibt es durchaus die Menschen, die massiv ihre Interessen durchsetzen. Mal mehr, mal weniger freundlich. Mal männlich hart, mal so, dass man sich abgeholt fühlt. Ganz ehrlich? Variante zwei gefällt mir deutlich besser. Mit diesen Menschen arbeite ich eher und lieber zusammen, weil ich weiß, dass sie mich verstehen und gleichzeitig baut sich ein Wir-Gefühl auf. Genauso, wie im kleinen Kreise daheim. Das ist es, was für mich zählt. Und so bin ich ein Mann, weil mir mein Geschlecht von Hause aus mitgegeben wurde und weil mich rein körperlich etwas von einer Frau unterscheidet. Das und nur das kennzeichnet für mich den Mann. Weder die Gefühlslosigkeit, noch die Härte, noch meine Unabhängigkeit und schon gar keine gesellschaftlichen Zwänge.